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DK087 - Ein kritischer Blick auf den Weltklimarat

Shownotes

DK087 - Ein kritischer Blick auf den Weltklimarat

……und bracht das IPCC einen militanten Flügel?

"Das Klima”, der Podcast zur Wissenschaft hinter der Krise. Wir lasen den sechsten Bericht des Weltklimarats und erklären den aktuellen Stand der Klimaforschung.

Für Folge 87 hat Claudia ein Buch gefunden, dass einen kritischen Blick auf den Weltklimarat (IPCC) wirft. Und wir haben einen Blick in genau dieses Buch geworfen. Wir diskutieren die diversen Kontroversen, die es in der Vergangenheit aus der Arbeit des IPCC entstanden sind und klären, was man daraus lernen konnte. Und fragen uns am Ende, ob das IPCC vielleicht seinen Anspruch auf Neutralität aufgeben muss, wenn es auch in Zukunft noch relevant sein will.

Wer den Podcast unterstützen will, kann das gerne tun: https://steadyhq.com/de/dasklima/ und https://www.paypal.me/florianfreistetter.

Ein kritischer Blick auf das IPCC

Wir beschäftigen uns diesmal mit dem Buch “A Critical Assessment of the Intergovernmental Panel on Climate Change”. Das wirft, wie der Name sagt, einen kritischen Blick auf die Arbeit des IPCC und das interessiert uns natürlich ganz besonders.

Kontroversen im IPCC

Die Arbeit des IPCC hat immer wieder Kontroversen verursacht. Das reicht von simplen Fehlern bis hin zu Fragen darüber, wer überhaupt berechtigt ist, Fragen zu stellen und welche Fragen das IPCC beantworten kann.

Der Wert des Lebens und die Rolle der Wälder

Kontroversen können von außen in das IPCC hinein getragen werden oder vom IPCC nach außen politische Folgen haben. Ein Beispiel für zweiteres war die Debatte darüber, wie man menschliches Leben quantifiziert und ob Geld wirklich die passende Metrik ist. Den ersten Fall schauen wir uns am Beispiel der Diskussion über die Rolle der Wälder im Klimaschutz an.

Wie man Konsens findet

Wo es Kontroversen gibt, muss Konsens geschaffen werden. Das gilt ganz besonders für den IPCC, der seine Autorität durch den Konsens gewinnt. Wie schafft es das IPCC, mit einer Stimme zu sprechen? Überraschung: Es gibt keinen Konsens darüber, wie man Konsens herstellt. Und: Braucht es Konsens überhaupt? Oder kann man auch einfach die vielen unterschiedlichen Meinungen darstellen?

Politische Relevanz vs. politische Neutralität

Das IPCC ist sowohl eine wissenschaftliche als auch eine politische Organisation. Gleichzeitig will das IPCC aber einerseits politisch relevant, andererseits aber nicht politisch vorschreibend sondern politisch neutral sein. Das ist kompliziert und um das zu erreichen, hat man diverse Mechanismen, wie die “Summary for Policymakers” oder die Syntheseberichte geschaffen.

Burning embers

Die im zweiten Sachstandsbericht eingeführten “Burning Embers Diagramme” sind ein gutes Beispiel für den Konflikt zwischen Relevanz und Neutralität. In die Erstellung dieser Diagramme fließt nicht nur wissenschaftliches Wissen ein, sondern auch ästhetische Vorstellungen und politische Ideologie darüber, was man da überhaupt darstellen kann und wie.

Ein weiteres Beispiel ist die Frage nach Carbon Capture Technologien. Ihre Berücksichtigung im Bericht schafft einerseits Möglichkeiten für die Politik. Setzt aber andererseits schon eine Art Lösungsweg voraus und verengt dadurch den Blick auf das, was machbar ist.

Wie soll das IPCC in Zukunft aussehen?

Vielleicht muss sich das IPCC in Zukunft weg vom reinen Schaffen von Fakten entwickeln und mehr “Influencer” werden, also auch Beiträge zur Lösung von Krisen schaffen.

weg von reiner Faktenschaffen, hin zu "Influencer" nicht nur Faktenbasis shcaffe, sondern Beitrag zur Lösung leisten

Was bringt das alles?

Das IPCC ist kein neutraler Lautsprecher für die Stimme der Klimawissenschaft, sondern produziert diese Stimme auch aktiv. Und in Zukunft ist es vielleicht besser, wenn keine gigantischen globalen Berichte mehr erstellt werden, sondern thematisch und geografisch enger gefasste Berichte, wie sie zum Beispiel auch das Austrian Panel on Climate Change (APCC) macht.

Am Ende bleibt die Erkenntnis: Der Klimawandel ist heute weniger ein wissenschaftliches Problem als ein politisches und kulturelles Dilemma und genau da muss der Fokus der zukünftigen Arbeit des IPCC liegen.

Hinweis zur Werbung und zu Spenden

Ein kleiner Hinweis: In “Das Klima” gibt es keine Werbung. Wenn ihr Werbung hört, dann liegt das nicht an uns; dann hat jemand unerlaubt und ohne unser Wissen den Podcast-Feed kopiert und Werbung eingefügt. Wir machen keine Werbung - aber man kann uns gerne was spenden, geht auch bei PayPal.

Kontakt und weitere Projekte

Wenn ihr Fragen oder Feedback habt, dann schickt uns einfach eine Email an podcast@dasklima.fm. Alle Folgen und alle Shownotes findet ihr unter https://dasklima.fm.

Florian könnt ihr in seinem Podcast “Sternengeschichten” zuhören, zum Beispiel hier: https://sternengeschichten.podigee.io/ oder bei Spotify - und überall sonst wo es Podcasts gibt. Außerdem ist er auch noch regelmäßig im Science Busters Podcast und bei WRINT Wissenschaft”-Podcast zu hören (den es ebenfalls bei Spotify gibt). Mit der Astronomin Ruth Grützbauch veröffentlicht er den Podcast “Das Universum”.

Claudia forscht und lehrt an der TH Köln rund um Wissenschaftskommunikation und Bibliotheken und plaudert im Twitch-Stream “Forschungstrom” regelmäßig über Wissenschaft.

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Kommentare (2)

grv0815

Gratulation zu dieser Folge! Der Tellerrand und seine Umgebung ist und bleibt das interessanteste Gebiet jeder Wissenschaft. P.S.: Das sogn. Haufenparadoxon ist nicht nur von theoretischem Interesse. Bei der Fristenlösung zur Abtreibungsdebatte entscheidet es im wahrsten Sinne über Leben und Tod - unabhängig davon, wie man zu diesem Thema steht.

Felix

Moin! Spannende Folge, schön zusammengefasst die Hauptkontroversen rund um den IPCC. Ich kann etwas Kontext liefern bzgl. der monetären Kosten eines Menschenlebens. Die sind relevant, indem sie Teil der ökonomischen Schadensschätzungen sind, die wiederum die Basis vieler konkreter Klimapolitik sind. Beispiel: In den USA muss jedes staatliche Bauprojekt eine Kosten-Nutzen-Analyse bestehen, und da spielen die Klimaschäden eines Projekts eine Rolle. Es wird in jede kommunale Entscheidung mit eingerechnet, was die assoziierten Emissionen für Schäden anrichten würden, und geschätzt werden die über die sozialen Kosten des Klimawandels (das Umweltbundesamt berechnet die z.B. auch). Diese Schätzung lag in den USA lange bei ca. 50$ pro Tonne CO2, jetzt wird sie gerade überarbeitet und landet wahrscheinlich bei knapp 200$. Die Grundlage dafür ist dieses [Nature-Paper](https://www.nature.com/articles/s41586-022-05224-9). In Abbildung 3 sieht man, dass Mortalitätskosten durch den Klimawandel fast die Hälfte der geschätzten Schäden ausmachen. Die sozialen Kosten des Klimawandels sind sehr kontrovers, weil viele ethische Entscheidungen getroffen werden müssen, z.B. darüber, wie man Schäden in armen gegenüber reichen Gesellschaften gewichtet. Man könnte legitimerweise gegen eine Monetarisierung von Mortalität argumentieren. Dann müsste man allerdings damit leben, dass die erhöhte Sterblichkeit von Zehntausenden durch den Klimawandel nicht mit in die aktuelle Klimapolitik vieler Länder einfließt, sodass die impliziten CO2-Preise diesem Effekt nicht Rechnung tragen und deutlich niedriger wären. Die selben Problematiken hat man z.B. bei der Berechung der Schäden von Biodiversitätszerstörung oder von Luftverschmutzung. Wenn man Handreichungen zur Besteuerung oder Regulierung schädlicher Aktivitäten liefern will (und das ist der Fokus eines großen Teils der Umweltökonomik), dann muss man notwendigerweise Schäden aggregieren und Geld ist da eine vollkommen austauschbare, aber sehr praktische, da sehr greifbare Größe.

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