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DK048 - Counter-Geoengineering und die globalen Schlüsselrisiken

Shownotes

DK048 - Counter-Geoengineering und die globalen Schlüsselrisiken

…und warum reagieren wir nicht auf die Klimakrise?

"Das Klima”, der Podcast zur Wissenschaft hinter der Krise. Wir lesen den sechsten Bericht des Weltklimarats und erklären den aktuellen Stand der Klimaforschung.

In Folge 48 besprechen wir das erste von drei Synthese-Kapiteln. Soll heißen: Wir werfen einen globalen Blick auf die Schlüsselrisiken der Klimakrise. Wir schauen nach, wer auf der Welt auf die Klimakrise reagiert und wie das passiert. Und stellen fest: Die Reaktionen sind bei weitem nicht ausreichend. Wir beschäftigen uns mit dem Bürgerkrieg in Syrien, den Grenzen die unserer Anpassungsfähigkeit gesetzt sind und einem etwas absurden Plan gegen die Erderwärmung der vorsieht, dass man Sandsäcke in der Wüste rumliegen lässt.

AG II Kapitel 16

Kapitel 16: Das erste Synthesekapitel

Nachdem wir uns mit den Risiken der Klimakrise für alle Sektoren und alle Regionen der Welt beschäftigt haben, kommt jetzt die große Synthese. Wir schauen uns die Schlüsselrisiken nochmal genau an, diesmal aber aus einer globalen Sicht.

Die 8 repräsentativen Schlüsselrisiken

Die insgesamt 130 Schlüsselrisiken die das IPCC identifiziert hat, lassen sich in acht repräsentative Kategorien einteilen. Nämlich Risiken für

die Küsten- und damit verbundenen sozio-ökologischen Systeme die terrestrischen und ozeanischen Ökosysteme die kritische Infrastruktur die Lebensstandards die menschliche Gesundheit die Nahrungsmittelsicherheit die Wassersicherheit den Frieden

Der Bürgerkrieg in Syrien und das Klima

In der Region um Syrien gab es von 2006 bis 2010 die schlimmste bis dahin registrierte Dürre. 30 bis 80 Prozent der landwirtschaftlichen Erträge fielen weg; die Menschen zogen in die Städte und verstärkten dort den sozialen und wirtschaftlichen Druck. Die Dürre war eine Folge der Klimakrise; ob der folgende Bürgerkrieg das auch war, ist umstritten. Denn da spielen auch jede Menge schlechte politische Entscheidungen eine wichtige Rolle.

Die komplizierteste Abbildung ever

Kapitel 16 ist spannend, aber leider auch mit zu komplexen Grafiken durchsetzt. Die sind zum Teil so überladen, dass man nicht viel davon hat. So wie diese hier:

Abbildung 16.2

Wer reagiert denn auf die Krise?

Bei den Reaktionen auf die Klimakrise spielen vor allem Einzelpersonen und Haushalte eine zentrale Rolle; vor allem in Afrika und Asien, wie diese Abbildung zeigt:

Abbildung 16.4

Die Datengrundlage der Grafik könnte aber durch den Publication Bias verzerrt sein.

Die häufigste Art der Reaktion ist eine Verhaltensänderung; bis auf Europa, wo man sich auf technische Lösungen verlässt. Und die eigentlich sinnvollsten nature-based adaptions werden so gut wie überall vernachlässigt, wie man hier sehen kann:

Abbildung 16.5

Insgesamt gilt aber: So gut wie alle bisher gesetzten Maßnahmen bestehen nur aus kleinen Veränderungen bestehender Praktiken; neues probiert man kaum aus. Und es gibt keinen Beleg dafür, dass das, was wir tun ausreicht, um die Klimakrise in den Griff zu kriegen.

Fehlanpassungen und Überraschungsbenefits

Wenn wir was tun, dann tun wir auch oft das Falsche. Zum Beispiel in dem wir irgendwelche künstlichen Inseln oder Ressorts bauen, um Menschen vor dem Meeresspiegelanstieg zu schützen. Was eh funktioniert; aber halt nur für diese paar Menschen. Für alle anderen machen solche Fehlanpassungen die Lage nur schlimmer.

Der Schaden der Finanzmärkte

Auch schlimmer wird die Klimakrise durch die Finanzmärkte. Der Schaden der durch Überflutungen entsteht wird durch die globalen finanziellen Verstricken in Zukunft verdoppelt bis verzehnfacht.

Die Grenzen der Anpassung

Am Beispiel von [Boigu Island[(https://en.wikipedia.org/wiki/Boigu_Island_(Queensland) vor der Küste Australiens erklärt Kapitel 16 die Grenzen unserer Anpassungsfähigkeit. Wenn das Wasser immer höher steigt, kann man darauf schon reagieren; zum Beispiel in dem man die Häuser auf Stelzen stellt. Aber solche Maßnahmen reichen irgendwann nicht mehr. So ein “soft limit” kann man überwinden, wenn man mehr Geld und Ressourcen investiert. Irgendwann wird man aber auf ein “hard limit” treffen, zum Beispiel weil man zu langsam auf softe Limits reagiert und dadurch die Möglichkeit verpasst hat, noch etwas zu unternehmen. Dann wird die Insel unbewohnbar und man kann nur noch wegziehen.

Die Schlüsselrisiken, komplett

Ein Schlüsselrisiko ist ein potenziell schweres Risiko durch die Klimakrise und das IPCC hat 130 davon für verschiedene Regionen und Sektoren identifiziert. Eine Übersicht finden man in Tabelle SM 16.7.4 auf Seite 320 des Anhangs zu Kapitel 16

Schlüsselrisiko Gesundheit

Eines der repräsentativen Schlüsselrisiken ist das Risiko für die menschliche Gesundheit. Um das zu verstehen müssen wir uns mit der Rohsterblichkeit, also den Toten in einem Jahr pro 10.000 Menschen. Bei Verkehrsunfällen liegt diese Rate bei etwa 1,6/10.000/Jahr; bei Corona war sie 4/10.000/Jahr (Stand April 2021). Die durch die Klimakrise zunehmende Hitze wird bis 2100 für eine Rohsterblichkeitsrate von 2 bis pro 10.000 Menschen pro Jahr sorgen. Also quasi zweimal Corona…

Wie sich die Schlüsselrisiken in verschiedenen Szenarien entwickeln, zeigt Abbildung 16.10:

Abbildung 16.10

Sandsäcke in der Wüste

Kapitel 16 beschäftigt sich auch mit Solar Radiation Management. Das hatten wir schon in Folge 10 des Podcasts und festgestellt, dass es keine gute Idee ist, wenn man probiert, durch Manipulation von Atmosphäre, Ozeanen oder Landflächen die Menge an einfallender Sonnenstrahlung zu reduzieren. Das würde zwar die Erde kühler machen. Hat aber jede Menge Nebenwirkungen. Das gilt auch für “Ground-Based Albedo Modifications (GBAM)”, wie den Vorschlag reflektierende Sandsäcke in der Wüste auszulegen. Das hätte dramatische Folgen für die regionalen Wetter- und Temperaturbedingungen und die Ökosysteme in der Wüste. Mal abgesehen davon, dass es weder das Geld noch die Technik dafür gibt; im Gegensatz zu all den anderen Dingen, die wir längst tun könnten, aber nicht tun.

Alle Solar Radiation Management Techniken bergen außerdem große Risiken für internationale Zusammenarbeit und Frieden. Und könnten sogar zu “counter-geoengineering” führen.

Viele Gründe für Sorgen

Neben Risiken kennt das IPCC auch “Reasons for Concern”, also “Gründe für Sorgen”. Fünf Stück, und zwar 1) das Aussterben von Tieren und Pflanzen, 2) extremes Wetter, 3) steigende Ungleichheit, 4) Phänomene mit globalen Auswirkungen und 5) dramatische Einzelereignisse. Was das genau ist und wie ernst man diese Sorgen in Zukunft nehmen wird müssen, zeigt Abbildung 16.15:

Abbildung 16.15

Vorschau auf das nächste Kapitel: Entscheidungen

In Kapitel 17 wird es um die Strategien zur Entscheidungsfindung gehen. Und da sind wir wirklich sehr gespannt.

Weiterführende Informationen

Kapitel 16 des zweiten Teils vom Klimabericht ist hier als pdf downloadbar.

Hinweis zur Werbung und zu Spenden

Ein kleiner Hinweis: In “Das Klima” gibt es keine Werbung. Wenn ihr Werbung hört, dann liegt das nicht an uns; dann hat jemand unerlaubt und ohne unser Wissen den Podcast-Feed kopiert und Werbung eingefügt. Wir machen keine Werbung - aber man kann uns gerne was spenden.

Kontakt und weitere Projekte

Wenn ihr Fragen oder Feedback habt, dann schickt uns einfach eine Email an podcast@dasklima.fm. Alle Folgen und alle Shownotes findet ihr unter https://dasklima.fm.

Florian könnt ihr in seinem Podcast “Sternengeschichten” zuhören, zum Beispiel hier: https://sternengeschichten.podigee.io/ oder bei Spotify - und überall sonst wo es Podcasts gibt. Außerdem ist er auch noch regelmäßig im Science Busters Podcast und bei WRINT Wissenschaft”-Podcast zu hören (den es ebenfalls bei Spotify gibt). Mit der Astronomin Ruth Grützbauch veröffentlicht er den Podcast “Das Universum”.

Claudia forscht und lehrt an der TH Köln rund um Wissenschaftskommunikation und Bibliotheken und plaudert im Twitch-Stream “Forschungstrom” regelmäßig über Wissenschaft.

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