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DK016 - Die Pole sind die Wellensittiche im Klimabergwerk

Shownotes

DK016 - Die Pole sind die Wellensittiche im Klimabergwerk

…und warum sind Wolken so kompliziert?

"Das Klima”, der Podcast zur Wissenschaft hinter der Krise. Wir lesen den sechsten Bericht des Weltklimarats und erklären den aktuellen Stand der Klimaforschung.

Kapitel 7 ist ein heftiges Kapitel. Aber da geht es ja auch um das wissenschaftliche Fundament der Klimakrise. Wie ändert sich das Gleichgewicht des Klimasystems wenn wir daran rumpfuschen und was hat das für Konsequenzen auf die Temperatur der Atmosphäre? Dazu müssen wir in dieser Folge die Feedback-Mechanismen betrachten und die sind nicht nur zahlreich, sondern auch kompliziert. Dafür stellen wir aber fest, dass die Pole quasi die Wellensittiche im Klimabergwerk sind. Und dass niemand die Wolken so richtig versteht. Ok, ein bisschen schon. Eigentlich sogar recht viel. Aber die Wechselwirkung zwischen Wolken und Klima ist höllisch komplex! Am Ende stellen wir dann aber fest: Egal wie es kommt, es wird sehr schwer, die Erwärmung der Erde auf 1,5 Grad zu begrenzen, wenn wir den CO2-Gehalt erstmal verdoppelt haben. Also lassen wir das doch!

Rückblick auf die letzte Folge

Kapitel 7 handelt vom Energiebudget der Erde. Wie viel Energie kommt von außen rein und wie viel von innen raus? Der ganze Prozess ist im Gleichgewicht - wenn wir aber zum Beispiel Treibhausgase in die Atmosphäre werfen, dann stören wir das Gleichgewicht. Das führt zu einem Feedback mit diversen anderen Mechanismen und am Ende kriegen wir ein neues Gleichgewicht bei einer anderen Temperatur. Das würden wir gerne verstehen und mit jeder Menge Wissenschaft tun wir das auch.

Das Klima gibt uns Feedback

Es gibt erstaunlich viele Feedbackmechanismen im Klimasystem. Wir fangen mit einem simplen an, dem Planck-Feedback: Je heißer die Erde wird, desto mehr Wärme strahlt sie auch ins Weltall ab. Der Rest der Feedbackmechanismen ist ein wenig komplizierter…

Die Pole sind die Wellensittiche im Klimabergwerk

Wir fangen mit der Polaren Verstärkung an. Damit beschreibt man das Phänomen, dass 1) die Polargebiete der Erde sich deutlich stärker erwärmen als der Rest und 2) dass die Arktis sehr viel wärmer wird als die Antarktis. Das kann man in dieser Abbildung gut sehen:

Abbildung 7.12a

Dafür gibt es diverse Gründe. Zum Beispiel die Eis-Albedo-Rückkopplung: Je mehr Eis, desto mehr Sonnenlicht kann reflektiert werden und desto kälter wird es. Umgekehrt geht es aber auch. Die Eisdecke in der Arktis isoliert das Wasser auf gegen die Luft - und wenn es schmilzt, gibt es Feedback. Die Meeresströmungen spielen eine Rolle: Die Antarktis ist ein Kontinent um den herum die Ozeane strömen. Die Arktis ist reines Meer, das von immer weniger Eis bedeckt ist. Die Wolken in der Arktis bilden sich anders als in der Antarktis, weil andere Wettermuster vorherrschen und all das führt dazu, dass die Polarregionen sehr viel sensibler auf die Klimakrise reagieren als der Rest der Welt. Was auch bedeutet: Die Menschen die dort leben werden sehr viel früher mit den Folgen der Krise konfrontiert als anderswo. Die Pole sind die Wellensittiche im Klimabergwerk.

Wasserdampf ist gar nicht so harmlos

In der Atmosphäre ist Wasserdampf, so viel ist klar. Und Wasserdampf ist ein Treibhausgas. Aber was passiert, wenn die Atmosphäre wärmer wird? Dann gibt es eine Rückkopplung! Einerseits über die Clausius-Clapeyron-Gleichung: Je wärmer, desto mehr Wasserdampf kann in der Atmosphäre sein und desto mehr Treibhauseffekt gibt es. Dann gibt es aber auch noch die “Lapse-Rate”: Die Atmosphärenschichten erwärmen sich unterschiedlich stark und schnell und das kann zu einer negativen Rückkopplung führen. Insgesamt zeigt sich aber: Das kombinierte Feedback ist positiv; der Wasserdampf macht den Klimawandel als schlimmer.

Niemand versteht die Wolken

Wenn der Wasserdampf schon kompliziert war, dann ist Wasser in Form von Wolken noch komplizierter. Wolken können kühlend oder erwärmend wirken. Es kommt darauf an welche Art von Wolken man anschaut und wo sie sich befinden. Der Treibhauseffekt von Wolken nimmt mit der Höhe zu. Das liegt an der je nach Höhe unterschiedlichen Durchlässigkeit und Dichte.

Was wir über das Klimafeedback der Wolken wissen, zeigen Tabelle 7.9 und Abbildung 7.9.

Tabelle 7.9 Abbildung 7.9

Wir wissen immer noch nicht so viel, wie wir gerne wissen wollen. Aber immerhin mehr als wir früher gewusst haben!

Das totale Feedback

Abbildung 7.10 zeigt uns alle Feedbacks die es gibt:

Abbildung 7.10

Das totale Nettofeedback liegt knapp unter 0, das Planck-Feedback hat uns rausgerissen. Und zum Glück ist es kleiner als 0. Denn ansonsten hätten wir es mit einem sich selbst verstärkenden Prozess zu tun und die Erde würde immer wärmer werden, egal was wir tun. So haben wir zumindest noch eine Chance, den Klimawandel irgendwann zu stoppen.

Das große Finale

Was hat das alles für Auswirkungen für die Temperatur? Das ist die Frage, die Kapitel 7 eigentlich beantworten will und dafür müssen wir jetzt aus all dem Feedback die Equilibrium Climate Sensitiviy ( ECS) und die Transient Climate Response (TCR) berechnen. Das kann man auf viele verschiedene Arten tun und Kapitel 7 zählt sie alle auf!

Abbildung 7.18 zeigt das Resultat:

Abbildung 7.18

Die besten Werte lauten also für ECS: +3 Grad. Das heißt, die Erde wird um drei Grad wärmer sein, wenn wir die Menge an CO2 verdoppelt haben. Kann auch 4 oder 5 Grad sein - aber so gut wie sicher ist es auf jeden Fall mehr als 1,5 Grad.

Wenn wir die Temperaturänderung nach einer Verdoppelung des CO2-Gehalts mit der alternative TCS berechnen, die eine kontinuierliche Zunahme des CO2 annimmt, dann werden wir es auf jeden Fall mit +1,8 Grad zu haben. Oder auch +2,4 Grad. Auf jeden Fall aber auch hier mit mehr als 1,5 Grad,

Die Unsicherheit kommt bei den Berechnungen kommt übrigens hauptsächlich von den Wolken. Wir müssen die Dinger unbedingt besser verstehen!

Schlechte Dramaturgie und Metriken

Kapitel 7 ist schlecht aufgebaut, nach dem großen Finale geht es mit den Metriken weiter. Welche Zahlen verwendet man, um die Erwärmungspotenziale von Treibhausgasen u.ä. zu beschreiben. Es gibt das AGWP (Absolute globale Erwärmungspotential) und das AGTP (Absolute globale Temperaturänderungspotenzial). Ersters ist eine integrierte Größe, berücksichtigt also, wie lange zum Beispiel ein Treibhausgas in der Atmosphäre ist. Zweiteres ist eine “Endpunktgröße”, sagt uns also den Effekt den ein Treibhausgas in einem bestimmten Moment hat. Und man muss sich immer gut überlegen, welche Größe man für welchen Zweck einsetzt.

Die Zukunft wird teilweise bewölkt

Die FAQs sind diesmal ein wenig verwirrend. Wir schauen uns die Abbildung in FAQ 7.2 an:

Abbildung 1 FAQ 7.2

Da geht es um die Rolle der Wolken in einer wärmeren Welt. Sie ist ein wenig verwirrend. Aber wir stellen fest: Die Zukunft wird zumindest teilweise bewölkt.

Vorschau auf Kapitel 8

In den nächsten beiden Folgen werden wir uns ausführlich mit dem Wasserhaushalt der Erde beschäftigen. Überschwemmungen, Dürren, Regen und Schnee: Es wird wieder spannend (und komplex).

Hinweis zur Werbung und zu Spenden

Ein kleiner Hinweis: In “Das Klima” gibt es keine Werbung. Wenn ihr Werbung hört, dann liegt das nicht an uns; dann hat jemand unerlaubt und ohne unser Wissen den Podcast-Feed kopiert und Werbung eingefügt. Wir machen keine Werbung - aber man kann uns gerne was spenden.

Weiterführende Informationen

Kapitel 7 des Klimaberichts ist hier als pdf downloadbar.

Kontakt und weitere Projekte

Wenn ihr Fragen oder Feedback habt, dann schickt uns einfach eine Email an podcast@dasklima.fm. Alle Folgen und alle Shownotes findet ihr unter https://dasklima.fm.

Florian könnt ihr in seinem Podcast “Sternengeschichten” zuhören, zum Beispiel hier: https://sternengeschichten.podigee.io/ oder bei Spotify - und überall sonst wo es Podcasts gibt. Außerdem ist er auch noch regelmäßig im Science Busters Podcast und bei WRINT Wissenschaft”-Podcast zu hören (den es ebenfalls bei Spotify gibt). Mit der Astronomin Ruth Grützbauch veröffentlicht er den Podcast “Das Universum”.

Claudia forscht und lehrt an der TH Köln rund um Wissenschaftskommunikation und Bibliotheken und plaudert im Twitch-Stream “Forschungstrom” regelmäßig über Wissenschaft.

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Kommentare (2)

Claudia Frick

@Norbert Steinkellner Vielen Dank für Deinen richtigen Hinweis und das aufmerksame Mitdenken! Wir sprechen das in einer der kommenden Folgen an.

Norbert Steinkellner

Zum Verständnis: Beim TCM wird doch nicht pro Jahr 1% des Vorindustrieniveaus hinzugegeben, sondern vom Vorindustrieniveau weg gerechnet jeweils pro Jahr die CO2 Menge um 1% erhöht (also jeweils mal 1,01), oder?

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